Brief des Vorsitzenden zur Diskussion über die Erinnerung an die deutsche Besatzung Polens während des Zweiten Weltkrieges

08.05.2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde der Deutsch-Polnischen Gesellschaften,

viele von Ihnen haben in den vergangenen Wochen und Monaten die neu belebte Diskussion um die deutsche Erinnerung an die Besatzung Polens während des Zweiten Weltkriegs mitverfolgt. Ich schreibe Ihnen heute, um Sie über den aktuellen Stand der Debatte zu informieren.

Der Bundesverband hat zu diesem Thema in der Vergangenheit auf unserem Portal www.forumdialog.eu einige relevante Artikel veröffentlicht. Auch Dr. Meyer zu Uptrup, Mitglied unseres Vorstandes, hat seine Überlegungen dazu in einem Beitrag für den Tagesspiegel dargelegt (nachzulesen unter: https://causa.tagesspiegel.de/politik/wie-gedenkt-man-der-deutsch-polnischen-geschichte/hallo-nachbar-dziennbspdobrynbsp.html).

Angestoßen wurde das Thema Ende 2017 von einer – auch von mir unterstützten – gesellschaftlichen Initiative, die in einem Aufruf an den Deutschen Bundestag für die Errichtung eines Denkmals zum Gedenken an die polnischen Opfer von 1939 bis 1945 mündete (nachzulesen unter: https://www.polendenkmal.de).

Der Aufruf traf einen wunden Punkt, denn in der Tat darf man feststellen, dass der deutsche Durchschnittsbürger nur wenig über das Leid der polnischen Nation in den Jahren 1939-1945 weiß. Gründe hierfür gibt es zahlreiche und es würde den Rahmen dieses Briefes sprengen, wollte ich sie alle aufzählen.

Die Feststellung, dass die Erinnerung an die polnischen Opfer während der deutschen Besatzungszeit in der Bundesrepublik ungenügend verankert ist, mag gerade für uns, die sich seit Jahren für die Freundschaft zwischen Deutschen und Polen engagieren, schwer nachvollziehbar sein. Schließlich haben gerade die Deutsch-Polnischen Gesellschaften in den vergangenen 40 Jahren bundesweit viel Aufklärungsarbeit geleistet und so dazu beigetragen, dass die Erinnerung an die deutsche Barbarei während des Zweiten Weltkriegs einer breiteren Öffentlichkeit vor Augen geführt wurde – sei es bei Konferenzen, Ausstellungen, Begegnungen oder Buchvorstellungen.

Mein Engagement für eine intensive Diskussion zu diesem Thema gilt deshalb in erster Linie dem Aufklärungsauftrag, der den eigentlichen Kern der Denkmals-Debatte ausmacht. Es muss nämlich noch einiges geschehen, um die traumatischen Erfahrungen der Polen während des Zweiten Weltkriegs in der deutschen Erinnerungskultur zu verankern.

Dabei spielt es weniger eine Rolle, ob dieses Ziel durch ein Denkmal, ein deutsch-polnisches Museum oder ein Dokumentationszentrum erreicht werden soll. Wichtig ist, dass wir diese Debatte führen. Und diese zieht immer größere Kreise.

Jüngst erschien im Tagesspiegel ein fraktionsübergreifendes Plädoyer, welches ich gemeinsam mit meinen Kollegen von der CDU, Grünen, Linke und FDP verfasst habe. In unserem Positionspapier setzen wir uns für einen deutsch-polnischen Begegnungsort ein. Den Artikel können Sie unter folgendem Link abrufen: https://causa.tagesspiegel.de/politik/wie-gedenkt-man-der-deutsch-polnischen-geschichte/ein-prominenter-ort-der-begegnung-fuer-deutsche-und-polen-in-berlin-ist-noetig.html

Wir als Deutsch-Polnische Gesellschaften sollten die Diskussion nicht nur beobachten, sondern uns auch aktiv einbringen. Eine Gelegenheit dazu werden wir mit Sicherheit während unserer kommenden Jahrestagung im Saarländischen Homburg (25.-27. Oktober) haben. Auf unser Wiedersehen freue ich mich jetzt schon und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Dietmar Nietan, MdB,
Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bundesverband

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