Jahreskongress "Nachbarschaft in der Mitte Europas" 2013

25.10.2013–27.10.2013 Berlin

DIALOG-Preis für Adam Krzemiński und Grażyna Słomka

Flyer Jahreskongress der Deutsch-Polnischen Gesellschaften 2013 in Berlin

Der DPG-Kongress "Nachbarschaft in der Mitte Europas - Sąsiedztwo w środku Europy" ist das jährliche Treffen der Deutsch-Polnischen und Polnisch-Deutschen Gesellschaften sowie interessierter Bürger und Organisationen aus Deutschland und Polen.

Die Tagung, die erstmalig 1992 in Berlin veranstaltet wurde, hat zum Ziel, über die vielfältigen Themen und Ebenen des deutsch-polnischen Kulturdialoges zu informieren, für den deutsch-polnischen Austausch zu werben und das Interesse daran bei einem breiten Publikum zu wecken. Mit dem Kongress will der Bundesverband der Deutsch-Polnischen Gesellschaften Akteure und Initiativen der bilateralen Zusammenarbeit miteinander vernetzen und einen Beitrag zur europäischen Integration leisten.

Der Kongress 2013 war bereits das 22. Jahrestreffen der Deutsch- Polnischen und der Polnisch-Deutschen Gesellschaften und erwies sich in vielerlei Hinsicht als großer Erfolg. Mit insgesamt 220 Teilnehmern am ersten Abend und knapp 200 am Folgetag, konnte das Große Forum in der Konrad-Adenauer-Stiftung bis auf den letzten Platz gefüllt werden.

Der alljährliche Höhepunkt der Jahrestagungen ist die Verleihung des DIALOG-Preises, der dieses Jahr an zwei Personen verliehen wurde. Zum einen erhielt die Journalistin und Regisseurin Grażyna Słomka den Preis für ihr Engagement bei der Popularisierung polnischer Filme in Deutschland, die sie seit 10 Jahren auf dem von ihr organisierten Festival FilmlandPolen gezeigt werden. Zum anderen wurde Adam Krzemiński für seine publizistische Tätigkeit in Deutschland und Polen ausgezeichnet. Seit über 30 Jahren trägt Adam Krzemiński (u.a. als Publizist der ZEIT) dazu bei, Stereotype zwischen beiden Ländern abzubauen und den Dialog zu fördern.

Vertreter der Politik (Hans-Gert Pöttering, Botschafter der Republik Polen in Deutschland, Jerzy Margański, Staatsministerin Cornelia Pieper, Staatssekretärin Hella Dunger-Löper) haben in ihren Grußworten das Engagement beider Preisträger, wie auch das der Organisatoren des Jahreskongresses gewürdigt. Zwei Laudationes auf die Preisträger, gehalten von dem langjährigen Redakteur der ZEIT, Dr. Gunter Hofmann und dem weltbekannten Regisseur Krzysztof Zanussi, haben die feierliche Eröffnung der Jahrestagung abgerundet. Nach Beendigung der Preisverleihung begab sich ein großer Teil der Anwesenden in die Gaststätte "Alte Pumpe", wo sich die Kongressteilnehmer bei einem geselligen Abendessen kennenlernen und austauschen konnten.

Der zweite Kongresstag war von Podiumsdiskussionen zu aktuellen Themen der deutsch-polnischen Beziehungen geprägt. Mit dem Thema "Kulturelle Vielfalt: junge polnische Migranten als Brückenbauer zwischen den Kulturen" hat sich unser Verband erstmalig mit Fragestellungen zu Migranten dritter Generation auseinandergesetzt. Die Diskussion - eine gelungene Zusammensetzung von jungen Frauen mit Migrationshintergrund - konzentrierte sich auf Aspekte der polnischstämmigen Bürger in der Bundesrepublik und deren Umgang mit ihrer binationalen Identität. Um das Thema in einem breiteren Kontext zu erörtern - auch unter Berücksichtigung des Tagungsortes Berlin und dessen hohen türkischen Bevölkerungsanteil - kann die Teilnahme der Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen des Landes Berlin, Frau Dilek Kolak, als äußerst anregend angesehen werden. Die Gäste, die das große Forum der Konrad-Adenauer-Stiftung bis auf den letzten Platz gefüllt haben, hatten am Ende die Gelegenheit, Fragen an die Podiumsteilnehmerinnen zu stellen.

Das zweite Thema war der zwischen Deutschland und Polen in jüngster Vergangenheit entfachten Debatte zum ZDF-Film "Unsere Mütter, unsere Väter" gewidmet. Mit dem provokanten Titel der Diskussion ("Unsere Opfer, eure Täter? Zur deutsch-polnischen Debatte über die Vermittlung von Geschichte") wurde der Fokus auf das Opfer-Täter Narrativ über den Zweiten Weltkrieg gelegt. Die Diskussionsteilnehmer setzten sich aus deutschen und polnischen bzw. im Falle des Regisseurs Andrzej Klamt aus binationalen Referenten zusammen. Die Debatte wurde sehr intensiv geführt und erwies sich als sehr informativ. So gelang es den Referenten, sowohl die Perspektive der deutschen Öffentlichkeit und deren Reaktion auf den ZDF-Dreiteiler, wie auch die Position der polnischen Seite zu erläutern. Während der Diskussion, aber auch den anschließenden Publikumsfragen nach zu urteilen, wurde deutlich, dass der Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere seiner filmischen Umsetzung, Ästhetik und Narration, bis heute noch Spaltungspotenzial für die deutsch-polnischen Beziehungen in sich trägt. Es wurde u.a. hervorgehoben, dass in der deutschen Berichterstattung und Filmbranche oftmals versäumt wird, fachkundige Experten heranzuziehen, die sich durch Wissen und Sensibilität für die Besatzungszeit Polens während des Krieges auszeichneten. Dies führe immer wieder zu unnötigen - da die Vergangenheitsbewältigung zweischen beiden Staaten bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht habe - wenn auch unbeabsichtigten Kontroversen, wie im Falle des besprochenen Films.

Der zweite Kongressabschnitt sollte den beiden Preisträgern die Möglichkeit eröffnen, direkt an der Tagung teilzunehmen. Adam Krzemiński war neben Dietmar Nietan, MdB und Vorsitzender der DPGBV sowie Dr. Johann Wadephul, MdB, Hauptgast der Podiumsdiskussion zum Thema "Die EU und der Nationalstaat in Zeiten der Krise". Die Debatte konzentrierte sich dabei weniger auf die in den Medien breit diskutierte Euro-Krise, sondern vielmehr auf die Identitätskrise der europäischen Bevölkerung. Es konnten viele zum nachdenken anregende Erkenntnisse gewonnen werden, sodass der Bundesverband beabsichtigt, eine gekürzte und redigierte Fassung in der kommenden Ausgabe des zweisprachigen Magazins DIALOG zu publizieren.

Das Kongressprogramm wurde durch die Preisträgerin Grażyna Słomka abgeschlossen, die einen kurzen Vortrag über die Popularisierung des polnischen FIlms in Deutschland und der Durchführung von Filmprojekten am Beispiel ihres Festivals FilmlandPolen gehalten hat. Anschließend folgte die Vorführung des polnischen Films "Rosa" von Wojciech Smarzowski. Der Film, in dem die Schrecken und Wirren der unmittelbaren Nachkriegszeit im ehemaligen Ostpreußen zeigt, ist dem deutschen Publikum bislang weitestgehend unbekannt gewesen. Thematisch reihte sich der Film in die vom Bundesverband ausgerichteten Themen des Kongresses (Geschichte und Erinnerungskultur) wie auch vieler Veranstaltungsthemen unserer regionaler Gesellschaften.

Wir freuen uns jetzt schon auf die kommende Jahrestagung samt neuer spannender Themen, die in Dresden stattfinden wird.

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